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Kassel. Das Trinkwasser in Kassel ist stärker mit Uran belastet
als in anderen deutschen Städten. Zu diesem Ergebnis kommt
eine Studie des Instituts für Pflanzenbau und Bodenkunde
in Braunschweig. Bei Proben sind in Kassel Werte von 4,15 und
3,75 Mikrogramm pro Liter ermittelt worden.
Markant sind
die Ergebnisse auch, weil in Lohfelden nur 0,36 Mikrogramm je
Liter festgestellt
worden sind. Den deutschen Höchstwert
hat Kulmbach in Bayern mit 8,54 Mikrogramm Uran je Liter Trinkwasser.
Kassel liegt mit seinen hohen Werten auf den Plätzen sieben
und acht von insgesamt 389 Proben.
Etwas überrascht sind die Städtischen Werke Kassel von
den Studien-Ergebnissen getroffen worden. Laut Trinkwasserverordnung
sind sie nicht verpflichtet, den Urangehalt im Trinkwasser zu testen.
Einen offiziellen Grenzwert gibt es nämlich nicht. Die Werke
wollen den Urangehalt im Trinkwasser nun aber testen.
Verschiedene
Behörden wie das Umweltbundesamt oder das Bundesamt
für Strahlenschutz diskutieren schon länger über
einen Grenzwert. Zwei Mikrogramm je Liter sind im Gespräch.
Genau diese Menge schreibt eine Verordnung vor, wenn Hersteller
ihr Mineralwasser mit dem Zusatz "für die Zubereitung
von Säuglingsnahrung geeignet" kennzeichnen wollen.
Demnach
wäre das Leitungswasser in Kassel für Babynahrung
deutlich zu stark belastet. Zeitweise hielt das Bundesinstitut
für Risikobewertung einmal einen Grenzwert von 0,2 Mikrogramm
für angemessen, erhöhte ihn dann aber auf 2,0.
Prof.
Ewald Schnug, Leiter des Instituts für Pflanzenbau und
Bodenkunde, nennt die Zahlen "nicht alarmierend", aber
sie verlangten Aufmerksamkeit. "Uran kann man nicht ganz vermeiden",
sagt Schnug. Das Schwermetall sei natürlicher Bestandteil
der Umwelt und falle je nach geografischer Gegebenheit der Böden
mal höher und mal niedriger aus.
So
nehme jeder Deutsche durchschnittlich zwischen zwei und vier
Mikrogramm Uran pro Tag über Lebensmittel auf. Je nach Verbrauch
müsse zu diesem Wert der Gehalt des Trinkwassers
hinzugerechnet werden.
Deutlich
wird Andreas Eickelkamp, Pressesprecher der Verbraucherschutzorganisation
Foodwatch: "Grundsätzlich ist Wasser ein Lebensmittel,
giftige Schwermetalle wie Uran gehören da nicht rein." Schon
länger fordere Foodwatch von der Bundesregierung, dass Mineralwasser
entsprechend dem Urangehalt gekennzeichnet wird. Das müsse
auch für Trinkwasser gelten.
Hintergrund
Uran gefährdet die Gesundheit Uran
ist ein Schwermetall, das in der Umwelt weit verbreitet
ist. Spuren sind in vielen Lebensmitteln nachweisbar.
Eine mögliche Gefahr für die Gesundheit droht
weniger durch Strahlung, sondern durch die Giftigkeit
des Schwermetalls. Es reichert sich nach der Einnahme
in den Knochen an, kann die Funktion von Nieren, Lunge
und Leber stören. Besonders betroffen sind Kinder
und immungeschwächte Menschen. Das regelmäßige
Trinken von uranhaltigem Wasser kann zu Nierenkrebs führen.
Wissenschaftler haben bereits mit Biofiltern experimentiert,
die den Urangehalt im Wasser reduzieren. (gör)
Uran
im Trinkwasser
Angaben
in Mikrogramm je Liter
Auswahl aus 389 Proben
Kulmbach |
8,54
|
Gunzenhausen |
8,46
|
Jena |
5,96
|
Darmstadt |
5,81
|
Gruenstadt |
4,21
|
Kassel |
4,15
|
Frankfurt |
2,30
|
Marburg |
0,55
|
Lohfelden |
0,36
|
Göttingen |
0,29
|
Malsfeld |
0,27
|
Gießen |
0,00
|
Quelle:
Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde Braunschweig
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Natürliche
Radioaktivität ist allgegenwärtig
und trägt viel zur Strahlenbelastung des Menschen bei. Täglich
nehmen wir mit der Nahrung ein bis vier Mikrogramm Uran auf,
die Hälfte davon über Getränke und Trinkwasser.
Uran, Radon
und Radium kommen ganz natürlich im Trinkwasser
vor, vor allem in Mineral- und Heilwässern, die lange
im Boden verweilen und aus tiefen Grundwasserschichten stammen,
wo sie in Kontakt mit uranhaltigen Gesteinen kommen.
In geringen
Mengen scheint die Aufnahme von Uran unbedenklich, erst in
größeren
Mengen kommt es zu einer gefährlichen Anreicherung in
Nieren, Leber, Lunge und Knochenmark oder zu Schädigungen
des Erbgutes. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihren
empfohlenen Leitwert
für die Uranbelastung von Trinkwasser im Jahr 2004 von
ehemals 2 Mikrogramm auf 15 Mikrogramm Uran pro Liter Trinkwasser
erhöht.
Bis zu diesem Grenzwert sei Trink-wasser gesundheitlich unbedenklich.
Die EU hat
ihren ihren Mitgliedsstaaten selbst überlassen,
wie hoch ihre jeweiligen Grenzwerte sein sollen. Da der Organismus
von Kleinkindern weitaus sensibler auf Schadstoffe reagiert,
gilt in Deutschland seit Dezember 2006 ein Höchstwert
von 2 Mikrogramm pro Liter, wenn das Wasser zur Zubereitung
von Babynahrung
verwendet
wird. Durch diesen niedrigen Grenzwert sollen Babys und Kleinkinder
besonders geschützt werden.
ÖKO-TEST hat bereits
im Juni 2005 eine Untersuchung über den Urangehalt von
81 Mineralwässern
veröffentlicht. 47 Wässer enthielten weniger
als 0,5 Mikrogramm Uran/Liter. 22 Produkte wiesen jedoch
eine Belastung von mehr als 2 Mikrogramm/ Liter auf. Dem „ÖKO-TEST-
Jahrbuch Kleinkinder für 2007“ nach, sind alle
fünf
getesteten speziellen Babywässer unbedenklich, da der
Urangehalt weit unter den vorgeschriebenen 2 Mikrogramm/
Liter bleibt.
Mehr
dazu auf der Öko-Test-Mineralwasser-Homepage:
http://www.oekotest.de/cgi/ot/otgs.cgi?doc=35913
- rs -
Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale
Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare
anfordern.
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Eltern,
die ihre Kleinkinder möglichst gesund ernähren
wollen, haben Anlass, sich Gedanken zu machen. Insofern
sollten die Wasserwerke in Kassel darüber
nachdenken, ob sie die Entnahmetiefe ihrer Brunnen variieren
können,
so dass Grundwasser mit geringeren Urangehalten gefördert
wird. Falls das nicht machbar ist, wäre mittelfristig der
Einbau eines "Uranfilters" - wie jetzt in bayerischen
Gemeinden vorgesehen - zu diskutieren.
Auf
jeden Fall sollte der Trend beobachtet werden. Steigt der Urangehalt
an, bleibt
er gleich, geht er zurück. Gibt es Periodizitäten?
Mit was hängen mögliche Schwankungen eventuell zusammen?
Gibt die Auswertung der Zeitreihen Indizien, dass man zu bestimmten
Jahreszeiten bestimmte Brunnen mit niedriger Fördermenge fahren
kann, um den Urangehalt im Mischwasser zu reduzieren. (Alles sogenannte "betriebliche
Maßnahmen".)
Es
gilt das Minimierungsgebot der Trinkwasserverordnung. Was mit
vertretbarem
Aufwand reduziert
werden kann, sollte auch reduziert
werden. Kriterium hierfür sind allerdings nur die "allgemein
anerkannten Regeln der Technik" und nicht der weitergehendere
Stand der Technik. Die vorgeschlagenen "betrieblichen Maßnahmen" können
allerdings unter die a.a.R.d.T. subsummiert werden. Ein "Uranfilter" wäre
bereits Stand der Technik.
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