"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 7.3.2008


Abwasser wird bald teurer

Kasseler Entwässerungsbetrieb will ab 1. April höhere Kanalgebühren kassieren

von Jörg Steinbach

 

 

 

 

 

 

 

Kassel. Ab 1. April werden die Kasseler Bürger höhere Abwassergebühren berappen müssen. Wer einen Kubikmeter Schmutzwasser in den Kanal spült, muss dafür künftig 2,43 Euro zahlen. Bisher sind für einen Kubikmeter 2,27 Euro fällig - eine Erhöhung von rund sieben Prozent. Auch der Kubikmeter Niederschlagswasser - das ist Regen, der zum Beispiel auf eine Hoffläche fällt und von dort in den Kanal fließt - wird teurer. 75 Cent sind künftig pro Kubikmeter zu zahlen, bisher sind es 74 Cent.

Die Erhöhung bedeutet im Durchschnitt Mehrkosten von rund acht Euro pro Kopf und Jahr, hat die Stadtverwaltung ausgerechnet. Die aktuelle Abwassergebührensatzung wurde seit 1999 nicht verändert. "Wir haben es geschafft, bis heute ohne Erhöhung auszukommen", sagt der für den Kasseler Entwässerungsbetrieb (KEB) zuständige Stadtbaurat Norbert Witte (CDU). Jetzt sei die Gebührenanhebung aber unausweichlich. Der stark gesunkene Wasserverbrauch (siehe Grafik unten) sorgt beim KEB für geringere Einnahmen. Das Kanalnetz aber muss komplett in Schuss gehalten werden. Und das wird immer teurer, weil Energie- und Lohnkosten steigen.

Lag der Frischwasserverbrauch 1992 in Kassel noch bei über 13 Millionen Kubikmeter pro Jahr, wurden 2006 nur noch knapp zehn Millionen Kubikmeter abgerechnet. "Entsprechend geringer fielen die Einnahmen bei der Abwasserbeseitigung aus", so Jürgen Freymuth, Leiter des KEB. Auf der anderen Seite sei der Ölpreis seit der letzten Gebührenerhöhung um fast 250 Prozent gestiegen, für Strom müsse der städtische Eigenbetrieb 52 Prozent mehr bezahlen als 1999. Seither hat der KEB die Kosten erheblich gesenkt, doch nun sei alles ausgereizt, sagt Freymuth.

Rund 840 Kilometer Kanalrohre in der Stadt (siehe Hintergrund) müssen weiter in Schuss gehalten werden. Ein Kanal hält in der Regel 100 Jahre. Ein Kilometer Kanalerneuerung kann mit etwa einer Million Euro kalkuliert werden. Annähernd acht Millionen Euro müssten also jedes Jahr allein dafür aufgewendet werden, um die Kanalisation funktionsfähig zu halten.
160 Millionen Euro Schulden

Das geht ins Geld. Und das ist auch der Hintergrund der hohen Schulden, die der KEB angehäuft hat. Der Betrieb steht mit über 160 Millionen Euro in der Kreide. Die Stadt bürgt für diese Kredite. Deshalb hätte Kassels Stadtkämmerer Dr. Jürgen Barthel (SPD) dafür gern eine Bürgschaftsprovision, um die Stadtkasse aufzufüllen.

Der Kasseler Regierungspräsident ist dagegen, jetzt klärt der hessische Städtetag die Rechtslage. Vorerst muss der KEB deshalb keine Provision zahlen, die derzeit rund 650 000 Euro jährlich betragen würde. Sonst hätten die Gebühren noch weiter erhöht werden müssen.
Weiterhin Kritik gibt es auch an 780 000 Euro, die der KEB jährlich an die Stadtkasse überweist. Das Geld ist der Zins für die 13 Millionen Stammkapital, das die Stadt dem Eigenbetrieb zur Verfügung stellt. Diese Kritik schlägt sich auch im ersten Ausschussvotum für die Gebührenerhöhung nieder: SPD und Bündnisgrüne sind dafür, CDU, FDP und Linke.ASG enthielten sich der Stimme.

 


Hintergrund
840 Kilometer Kanalrohre

 

Der Kasseler Entwässerungsbetrieb (KEB) ist ein Eigenbetrieb der Stadt Kassel. Er betreibt, unterhält und erneuert das öffentliche Kanalnetz in der Stadt und das Kasseler Klärwerke an der Fulda. Die Kanalrohre unter den Straßen der Stadt sind insgesamt rund 840 Kilometer lang und teilweise bis zu 140 Jahre alt. Seit seiner Gründung im Jahr 1996 - vorher war die Stadtentwässerung Sache des Tiefbauamtes - verbaute der KEB pro Jahr im Schnitt 18,7 Millionen Euro. Der Eigenbetrieb ist einer der größten regionalen Auftraggeber im Baubereich und auch außerhalb Kassels aktiv - der KEB betreibt auch die Anlagen des Abwasserverbands Losse-Nieste-Söhre. (ach).