"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 9.6..2009


Kassel wirft die Stromnetze aus

Städtische Werke treten gegen E.on an.
Werbung um Kooperationen in der Region

Von Wolfgang Riek

 

 

 

 

 

 

 

Kassel. Die Städtischen Werke Kassel treten jetzt offensiv gegen E.on-Mitte an. Im Kampf um den künftigen Energiemarkt werben die Kasseler um Städte und Gemeinden im weiten Umland: In 150 Kommunen Nord- und Mittelhessens, Ostwestfalens, Südniedersachsens und Westthüringens laufen bis 2012 Konzessionsverträge für Strom- und Gasnetze aus.

Dieses Wegenutzungsrecht für Kabel und Rohre wird dann auf 20 Jahre neu vergeben. Kassels Städtische Werke Aktiengesellschaft, die vom Stadtparlament 2007 den Auftrag erhielt, ein Konzept zur Zukunftssicherung des Unternehmens zu erarbeiten, will sich ein großes Stück vom regionalen Kuchen abschneiden. Und wirbt dafür mit einer Broschüre bei Kommunalpolitikern in der Region.

Alles ist möglich

Eigene Stadtwerke gründen mit Kasseler Hilfe und deren Beteiligung von 25,1 bis 49,9 Prozent? Die Konzession nach Kassel vergeben oder verpachten? Alles möglich - die Stadtwerke bieten Mitarbeiterübernahme und sogar Prozesshilfe an, falls sich der Regierungspräsident bei der Neugründung von Stadtwerken querlegt oder E.on Ärger beim notwendigen Netzrückkauf macht, der die Kommunen Millionen kosten würde.

Herr im eigenen Haus, weg vom "Preisdiktat" der Konzerne und von deren Großkraftwerkblöcken hin zu kleinen dezentralen Anlagen für erneuerbare Energien, die gerade in ländlichen Gebieten große Chancen böten: Das stellen die Kasseler Stadtwerke möglichen Partnern in Aussicht. Dazu sichere Einnahmen, die in der Region blieben, aber nicht an "Gewinnmaximierung" orientiert seien. Auch das geht gegen die großen vier Energiekonzerne, die in Deutschland das Sagen haben.

Man habe bislang mit 35 Städten und Gemeinden über Kooperationen gesprochen, hieß es auf HNA-Anfrage beim Kasseler Versorger. Abschlüsse gebe es noch nicht.

Kassels Städtische Werke selbst sind freilich längst kein rein kommunales Unternehmen mehr. Die Stadt hält eine Mehrheitsbeteiligung von 75,1 Prozent. Ein knappes Viertel wurde einst an die Hamburger Electrizitätswerke verkauft; mittlerweile sind die 24,9 Prozent durch Übernahmen beim schwedische Energiekonzern Vattenfall gelandet, der die Minderheits-Beteiligung durchaus zurückverkaufen würde. Dafür müsste Kassel etwa 60 Millionen Euro auf den Tisch legen - Geld, das die Stadt nicht hat.


Erster Schritt zu eigenem Strom
Werbekampagne der Städtischen Werke - E.on-Mitte 'ein bisschen irritiert'

Von Wolfgang Riek

 

Kassel. Kassels Städtische Werke umwerben Kommunen der Region. Ihr Ziel: Kooperation nach dem Auslaufen vieler Konzessionsverträge, die das Wegerecht für Strom- und Gasleitungen vergeben. Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Was sagt E.on-Mitte, der Regionalversorger, dem die Städtischen Werke ein bisschen Wasser abgraben wollen?

Bei E.on-Mitte zeigte sich Pressesprecher Günther-Michael Birmes gestern "ein bisschen irritiert" von den Werbeaktivitäten der Kasseler. Gleichwohl gelte aber: "Wer das Netz betreibt, der hat noch nicht die Stromkunden." Soll heißen: Früher, als man den Stromlieferanten noch nicht wechseln konnte wie Bäcker oder Tankstelle, kauften Netzbetreiber sich die Stromkunden gleich mit. Heute sind die Gewinne getrennt. E.on führt für sich "sehr ausgebaute Versorgungsnetze, hohe Versorgungssicherheit und die tiefe Verwurzelung unseres Unternehmens mit der Region" ins Feld. Man biete "die maximale Konzessionsabgabe, zahlreiche Dienstleistungen" und Arbeit, 1225 Mitarbeiter, davon 109 Auszubildende.

Beim Netzbetrieb - das ist politisch so gewollt, um Verbraucher zu entlasten - zeigen die Erlöse abwärts. Das müssen die Städtischen Werke doch auch wissen ...

Natürlich. Sie rechnen es Kommunen, die ihre Netze wieder selbst in die Hand nehmen wollen, vor: "Pro Kilowattstunde werden 4,8 Cent Netznutzungsgebühr fällig." Ein geringer Betrag, wird Ihnen vermutlich Ihr aktueller Konzessionsinhaber verraten. Doch bei einem Verbrauch von 30 Mio. kWh Strom im Jahr in einer Kommune mit 10 000 Einwohnern ist von 1,44 Mio. Euro die Rede.

Erst der Wechsel des Netzbetreibers und dann mehr?

Denkbar ist vieles. Die Bundesregierung, Städte- und Gemeindebund oder Umweltschutzorganisationen werben gegen den Klimawandel nachhaltig für den Ausbau regionaler Versorgungsnetze zur Nutzung erneuerbarer Energien - Sonne, Wasser, Wind und Biomasse. Als Pluspunkte - neben der Vermeidung des Klimagiftes CO2 - zählt die Internet-Plattform kommunal-erneuerbar.de auf: Steigerung der Eigenversorgung heißt, dass Ausgaben für Energie in der Region bleiben. Eigene Energieerzeugung - auch im Verbund mehrerer Partner - sichert Gemeinden, Stadtwerken oder bei Bürgeranlagen den Teilhabern Einnahmen. Und bringen Betrieben vor Ort Aufträge und Beschäftigung.

Eine Option auch für die Region?

Der Werke-Prospekt wirbt dafür: "Weg von den Großprojekten, hin zu lokalen Lösungen: In ländlich geprägten Regionen sind die Voraussetzungen nahezu ideal. Hier gibt es genügend Flächen, um Rohstoffe für Biogasanlagen anzubauen. (...) Hier sind auch die Aussichten besser, Windkraftanlagen zu realisieren."