"Unser Wasser- Kassel"
Initiative Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wasser in der Region

HNA 24.10.2009

Barthel:
Fusion von Abwasser und Stadtreinigung
in Stadtkonzern bringt nichts

Kämmerer wehrt sich gegen Stadtkonzern

 

 

 

 

 

 

 

 

Kassel. Noch ist nicht klar, ob die neue Koalition in Berlin eine Mehrwertsteuer auf die Entsorgung von Abfall und Abwasser erheben wird. Aber auch ohne diese Belastung wird die Müllentsorgung in Kassel teurer: Ein Plus von 32 Prozent hat die Stadt angekündigt. Die CDU-Fraktion hatte gefordert, die Stadtreiniger und den Entwässerungsbetrieb (KEB) in einen Stadtkonzern zu integrieren, zu dem unter dem Dach der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs GmbH (KVV) unter anderem schon die Städtischen Werke und die Verkehrsgesellschaft (KVG) zählen, um Kosten zu senken.

Stadtkämmerer, Jürgen Barthel (SPD) hat diese Pläne abgelehnt. Sie basierten auf einem Gutachten aus dem Jahr 2004. Von den Gutachtern seien die Einspareffekte der Zusammenlegung nicht genau untersucht worden. "Beim Personal wird nach einer Zusammenlegung nicht viel gespart", sagt Barthel. Diser Anteil macht jährlich 15 Millionen Euro der Kosten bei den Stadtreinigern aus. Höher sind mit 44 Millionen Euro die Kosten für die Müllverbrennung - "und das Müllheizkraftwerk gehört ohnehin schon zu 97,5 Prozent zur KVV".

Schwarz-Grün war dagegen

Unabhänig von der aktuellen Entwicklung in Berlin werden Müll und Abwasser laut Barthel nach einer Zusammenlegung mehrwertsteuerpflichtig und damit teurer. In dem Gutachten wird zwar ein Modell vorgeschlagen, wonach nur die Führungsebene der Betriebe dem Konzern zugeschlagen wird, um die Steuerpflicht zu umgehen. Diese Konstruktion hält Barthel aber für "abenteuerlich": "Das erlauben die Finanzbehörden nicht", sagt er. Es habe gute Gründe gegeben, weshalb die schwarz-grüne Kooperation im Rathaus 2005 die Vorschläge aus dem Gutachten abgelehnt habe. (hai)


HNA 24.10.2009

Stadtkonzern könnte 20 Mio. Euro sparen
Gutachten sieht Vorteile - Höhere Müllgebühren vermeidbar?

Von Claas Michaelis

 

Kassel. Würden Stadtreiniger und Kasseler Entwässerungsbetrieb (KEB) Teil des städtischen KVV-Konzerns, ließen sich womöglich auf einen Schlag 20 Millionen Euro sparen. Diese Zahl geht aus einem Gutachten hervor, das die Anwaltskanzlei Luther-Menold 2004 im Auftrag der Stadt Kassel erstellt hat und der HNA vorliegt.

Das Geld würde in den städtischen Haushalt fließen. Hinzu käme ein weiterer Betrag von einer Million Euro jährlich. Angesichts steigender Müllgebühren ab 2010 hatte Dr. Norbert Wett, Chef der CDU-Fraktion im Rathaus, erneut die Debatte angestoßen, Stadtreiniger und KEB unter das Dach der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs GmbH (KVV) zu stellen. Als das Gutachten 2004 vorgelegt worden war, hatte sich die Stadt gegen eine Fusion von KVV, KEB und Stadtreinigern ausgesprochen. Wett hingegen sieht die Bildung des Stadtkonzerns als einen Baustein, um steigende Müllgebühren zu vermeiden.

Stadtkämmerer Dr. Jürgen Barthel (SPD) lehnt den Stadtkonzern aus steuerrechtlichen Gründen ab. Sollten KEB und Stadtreiniger Teil der KVV werden, würden jedes Jahr Umsatzsteuern von mindestens drei Millionen Euro fällig, sagt er. Einspareffekte durch mögliche Zusammenlegungen würden dadurch wegfallen.

Allerdings favorisiert das Gutachten das so genannte Managementvertragsmodell, wonach keine Umsatzsteuerpflicht entstehen würde. Der Grund: Nur das Management von Stadtreinigern und KEB würden Teil der KVV. Die Arbeitnehmer blieben Angestellte der Stadt. So müssten für die Personalkosten keine Umsatzsteuern gezahlt werden.

Befürworter eines Stadtkonzerns ist seit jeher KVV-Vorstandschef Andreas Helbig, dessen Macht wachsen würde. Auf Anfrage äußerte er sich nicht: Zu dem Thema habe er 2004 alles gesagt. Die Spitzen von KEB, Stadtreinigern und Arbeitnehmervertretern lehnten die Zusammenlegung seinerzeit ab.


Politiker fürchten um Einfluss

Als schlampig hatte der SPD-Stadtverordnete Harry Völler das Gutachten bezeichnet, das 2004 die Bildung eines Stadtkonzerns untersuchte. Die Gutachterin habe einseitig und unseriös gearbeitet.

Die Juristin sah mehr Chancen als Risiken durch einen Zusammenschluss von Kasseler Verkehrs- und Versorgungs GmbH (KVV) mit Entwässerungsbetrieb (KEB) und Stadtreinigern. Vorteile gebe es unter anderem bei der Fusion von Verwaltungseinheiten wie Personal- und Rechnungswesen. Im Gutachten heißt es: "Im Bereich Planung/Bau/Betrieb Netze ergeben sich erhebliche Synergiepotenziale, die zu Gunsten aller Sparten des KVV-Konzerns genutzt werden können." Es ließe sich also Personal einsparen.

Doch zu Kündigungen werde es nicht kommen, versicherte KVV-Vorstandschef Andreas Helbig Kämmerer Dr. Jürgen Barthel (SPD) in seiner Stellungnahme vom Mai 2004: "Der Besitzstand der Arbeitnehmer und Arbeitsplatzsicherheit werden garantiert." Einsparungen ergäben sich, weil frei werdende Stellen nicht wieder besetzt würden.

KVV im Wettbewerb

Dass sich die Stadt dennoch gegen den Zusammenschluss sträubt, hat offenbar politische Gründe. Im KVV-Konzern würde ein wesentlich schärferer Wind wehen. Dort orientieren sich Mitarbeiter und Führungsebene am Wettbewerb, was KEB und Stadtreinigern weit gehend fremd ist.

Stadtwerke sowie Verkehrsbetriebe auf der einen Seite und KEB sowie Stadtreiniger auf der anderen Seite - das Kasseler Modell der kompletten Trennung ist nicht unbedingt gängig. Städte vergleichbarer Größe wie Braunschweig und Freiburg haben Abwasserbetriebe und Stadtwerke zusammengeschlossen. Immerhin haben diese Betriebe in einer Kommune denselben Kundenstamm und ähnliche Fachbereiche.

Beim Zusammenschluss müssten sich die Führungskräfte von Stadtreinigern und KEB dem KVV-Vorstand unterordnen. Es würde ein Machtblock entstehen, der sich womöglich nicht mehr so leicht an die Leine nehmen ließe. Bereits 2004 befürchtete Harry Völler, dass den Stadtverordneten Kontrollmöglichkeiten entzogen würden. Die Skepsis ist berechtigt. Zwar sitzen in den KVV-Aufsichtsräten Kommunalpolitiker, doch in den Betriebskommissionen von KEB und Stadtreinigern ist ihr Einfluss größer.

Größtes Risiko bleibt aber wohl, dass sich die Stadtoberen mit den Arbeitnehmervertretern anlegen müssten, die Einschnitte fürchten. Dies dürfte nicht nur Sozialdemokraten wie Oberbürgermeister Bertram Hilgen zurückschrecken. Auch sein Vorgänger Georg Lewandowski (CDU) hat sich an dieses Thema nicht herangewagt.