Verein Freies Wagenleben
Moritzstraße 27
34127 Kassel
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17. Oktober 1997
Aufschub des Ultimatums und Verhandlungen gefordert
GhK stellt sich gegen Studierende und Organe studentischer
Selbstverwaltung
Der Bauwagenplatz K18 fordert die Gesamthochschule Kassel (GhK) auf,
die zum 20.10. ausgesprochene Kündigung zurückzunehmen und Gespräche
mit den BewohnerInnen über eine Zukunft des Projektes zu führen.
Die GhK soll sich der Gesprächsbereitschaft der BewohnerInnen nicht
länger verschließen. Zuletzt forderte der Wagenplatz K18 den
Präsidenten am 8. September 1997 in einem Offenen Brief zu Verhandlungsgesprächen
auf. Die 15 BewohnerInnen des Wohnprojekts K18 sehen sich außerstande,
das Gelände zu verlassen, da sie sich nicht in Luft auflösen
können. Die GhK kann also solange nicht mit ihren Baumaßnahmen
beginnen, bis sie sich nicht ernsthaft mit den Interessen des Projekts
auseinandergesetzt hat. Die BewohnerInnen wollen es nicht auf eine polizeiliche
Räumung ankommen lassen, sondern sehen ihre Verhandlungsbereitschaft
als politisches Signal.
Die Interessen des Wagenplatz K18 werden von dem Verein „Freies Wagenleben"
vertreten, der sich aus BewohnerInnen der drei kasseler Plätze und
UnterstützerInnen zusammensetzt.
Die GhK hat das Projekt K18 geduldet
Die Geschichte des K18 begann 1989 mit dem Zuweisungsvertrag der GhK
für die Halle K18. 1992 plante die GhK eine Bebauung des Geländes
und kündigte den BewohnerInnen. Der Bebauungsantrag wurde nicht genehmigt,
das kasseler Polizeipräsidium lehnte eine Räumung von vornherein
ab. Ein Strafantrag der GhK wegen Hausfriedensbruchs wurde in zweiter Instanz
des OLG zurückgewiesen. Von 1992 bis 1996 gab es keine Hinweise auf
eine anderweitige Nutzung des Geländes. Nachdem die BewohnerInnen
von einer Beplanung erfuhren, schlugen sie eine Integration des Wagenplatzes
in die Planung vor und erstellten eine Alternativplanung zuzüglich
eines Vertragsentwurfs. Der AStA versuchte, die Positionen der Parteien
zu vermitteln. Nach zweijähriger Zusammenarbeit mit K18 und fünfjähriger
Duldung aber weigert sich die GhK, eine Verantwortung anzuerkennen.
Die GhK stellt sich gegen ihre Studierenden
Die Verwaltung der GhK stellt sich mit ihrem Konzept offen gegen die
Interessen der Organe studentischer Selbstverwaltung und hochschuleigener
Gremien. Schon im Oktober 1996 sprach sich das Studierendenparlament in
einer Resolution für den Verbleib der Wagenplätze auf studentischem
Gelände aus und forderte das Präsidium zu Gesprächen auf.
Immer wieder drängte der Allgemeine Studierendenausschuß (AStA)
auf Verhandlungen zwischen der GhK und den StudentInnen des Projekts K18.
Die Hauptforderung des AStA ist seit 1996, die GhK solle keine vollendeten
Tatsachen schaffen.
Der Fachbereich Landschaftsplanung, dem Forschungsflächen auf
dem Gelände angelegt werden sollen, sprach sich gegen die Flächen
aus, wenn dafür der Wagenplatz weichen soll. Die Evangelische StudentInnengemeinde,
der MieterInnenverein Hegelsbergstraße 26, das Wissenschaftliche
Zentrum III und einzelne Fachschaften sprachen sich für den Erhalt
und Verhandlungen aus. Die Fachschaftsrat Erziehungswissenschaften wies
den Präsidenten auf einen Konventsbeschluß (dem höchsten
Hochschulgremium) von 1980 hin:
„Der Konvent wünscht der Hochschule einen Präsidenten, der
- wann immer es möglich ist - das Gespräch wählt und auf
Drohungen mit Polizei und Staatsanwaltschaft verzichtet".
Neben den Hochschulgremien sprachen sich auch externe Gruppen und Institutionen
für den Erhalt der Plätze aus. Darunter das Café Brückenschlag,
die Vereine Frauen Informieren Frauen, AlterNatives Wohnen und der Verein
zur Erhaltung und Nutzung des Messinghofs. Letzterer wies auf die Parallelen
zwischen beiden Projekten hin: Die Räumung des Messinghofs bedeutete
das Ende eines den Stadtteil bereichernden Projekts.
Das Projekt K18 ist wie die anderen Wagenplätze in den Hochschulalltag
(darunter Forschung und Lehre) sowie den Stadtteil integriert und übernimmt
soziale, kulturelle Funktionen. Im Oktober 1997 übergab das Projekt
dem Präsidenten und dem Ortsbeiratsvorsitzenden 1.200 Unterschriften
für den Erhalt der Wagenplätze.
„Freies Wagenleben" führt Gespräche mit der Stadt Kassel
Die GhK wies die Verantwortung für das Projekt von sich und forderte
die BewohnerInnen auf, sich mit der Stadt in Verbindung zu setzen. Der
Verein „Freies Wagenleben" führte daraufhin Gespräche mit den
DezernentInnen der Stadt Kassel und dem Liegenschaftsamt, wobei auch hier
die Verantwortungsbereiche zunächst unklar waren. Ziel dieser konkreten
Verhandlungen ist, über die Stadt einen Aufschub der Kündigung
zu erreichen. Anschließend soll an einem Runden Tisch mit BewohnerInnen,
GhK und den DezernentInnen der Stadt Kassel eine längerfristige Lösung
gefunden werden. Der Verein wird bei dem Runden Tisch sowohl der GhK als
auch der Stadt konkrete Flächen vorschlagen. Über die vertragliche
Struktur kann dann weiter verhandelt werden.
Langfristig strebt der Verein städteplanerische Berücksichtigung
der Wohnform Bauwagen in den Bebauungsplänen an. Konzepte und Modelle
anderer Städte sowie Petitionen an den Landtag des Landes Hessen wird
der Verein bei den Verhandlungen vorstellen.
Für den Verein
Matthias Döring