Rede
des Wagenplatzes Hotz-n-Plotz
für die Demonstration „Statt Verwaltung
selbst verwalten" am 26.10.96
Liebe Leute, sehr geehrte MarktbesucherInnen.
Ich möchte hier kurz für die
BewohnerInnen des Wagenplatzes Hotz'N'Plotz reden, denen ihr Wohnraum ersatzlos
weggenommen werden soll.
Wir wohnen im Wagen, in ehemaligen Bau-
und Zirkuswägen, die wir uns zum wohnen ausgebaut haben.
Wir wohnen im Wagen nicht aus Not heraus,
sondern weil wir eine andere Form des Wohnens suchen die sich mit dem Bauwagen
leben läßt:
Wir wollen gemeinsam wohnen, zusammen
auf einem Platz, der im Sommer unser Wohnzimmer ist.
Wir wollen gemeinsam leben und wo möglich
auch arbeiten.
Wir wollen unseren Haushalt gemeinsam
organisieren, gemeinsam kochen, essen, Brennholz machen.
Wir wollen näher an der Natur leben;
der Blick vom Balkon im fünften Stock eines Mietshauses, herab auf
einen kahlgeschorenen Rasen, der nicht betreten werden darf hat für
uns nichts mit wirklich wohnen zu tun.
Wir wollen offen wohnen, Menschen aus
dem Stadtteil können kommen und genießen auf dem Hotz'N'Plotz-Gelände
einen der wenigen grünen Flecken in der Nordstadt. Kinder aus dem
Stadtteil kommen regelmäßig, bauen Buden im Garten, ernten die
Mirabellenbäume ab und werkeln mit, wenn wir draußen sind und
bauen. In ihrer Etagenwohnung und auf der Straße hätten sie
dazu keine Möglichkeit.
Begonnen hat der Wagenplatz vor 14 Jahren. Menschen aus der Künstlergruppe Eins A räumten das damals völlig brachliegende Grundstück auf und machten es überhaupt erst nutzbar. Im Laufe der Zeit wurde es vom Künstlergarten immer mehr zum Wohnraum.
Und jetzt ist beides bedroht, Garten und Wohnraum. Der Garten wird zugebaut. Die Bauwägen...- ja was mit denen geschehen soll weiß keiner, offensichtlich kümmert es auch niemanden außer die WagenbewohnerInnen selbst. Es gibt aber keinen Platz, wo sie legal hinstellen können; sie würden mit einer Vertreibung also in die Illegalität getrieben. Das aber kümmert die Gesamthochschule wenig, die froh ist einen Investor für die Kindertagesstätte gefunden zu haben. Der wiederum dürfte heilfroh sein, günstig an ein hochattraktives Grundstück zu kommen.
Und deshalb stellt sich die GhK-Verwaltung gegenüber Aufforderungen der BauwäglerInnen zu einem konstruktiven Gespräch taub. Und wenn die WagenbewohnerInnen direkt beim Präsidenten der GhK Hans Brinckmann, beim Kanzler Gädeke und dem Leiter der Unibauverwaltung Herrn Schröder vorstellig werden stellt sie sich auch noch blind. Vier mal waren wir dort, einmal haben wir einen bunten Wagen mitgebracht- doch die GhK-Verwaltung hört und sieht angeblich nichts.
Da bleibt uns nur die Vermutung, daß
da eine Verwaltung versucht unpersönlich zu bleiben und sich heimlich
aus der Verantwortung zu stehlen, die sie für ein soziales Projekt
auf ihrem Gelände hat. Oder hat hier eine hierarchische Verwaltung
Berührungsängste vor selbstverwalteten Strukturen, die sich nicht
verwalten lassen, nicht beherrschen lassen wollen? Die stattdessen mitreden
wollen zur Erarbeitung einer zufriedenstellenden Lösung?
Im Augenblick scheint Herr Brinckmann
nur darauf zu warten, daß die vermeintlichen Sachzwänge so groß
werden, um eine gewaltsame Beseitigung des Konfliktes notwendig erscheinen
zu lassen. Dabei wäre noch Zeit eine konstruktive Lösung zu finden.
Wir haben eine Lebensform gewählt,
die nicht einfacher als andere ist, die aber unseren Bedürfnissen
entspricht. Wir wollen im Wagen leben.
Wenn die GhK-Verwaltung uns aber in die
Illegalität treiben will und weiter auf dem Standpunkt beharrt: „Wir
reden nicht mit Euch", dann bleibt uns nur eine Antwort: „WIR BLEIBEN !"