Wagenplätze räumt man nicht !

Die Universität Gesamthochschule Kassel (GhK) hat nicht nur schlechte Manieren, sondern sie eskaliert zusehends eine Situation , in der ihr besonnenes Handeln besser zu Gesicht stünde. Am 6.10.1997 forderte die GhK  den Wagenplatz K18 auf, den derzeitigen Standort bis zum 19.10.1997 zu verlassen.
Offensichtlich ist die GhK nicht an einer friedlichen Lösung interessiert, sonst hätte sie sich längst auf ein Gespräch mit den BewohnerInnen eingelassen. Stattdessen verhält sich die Universitätsverwaltung schlicht undemokratisch. Wie sonst kann man ein Vorgehen bezeichnen, bei dem jahrelang gewachsene Strukturen nicht aufgegriffen werden und die Betroffenen in der Planung unberücksichtigt lässt. Es ist üblich, vor Beginn einer Maßnahme eine Bestandsaufnahme von der Situation vor Ort zu machen, um im Anschluß mit den Gegebenheiten umzugehen. In diesem Fall wurde allerdings die Tatsache des seit 8 Jahren  bestehenden Wagenplatzes, ignoriert.
Natürlich können die BewonerInnen nicht ohne weiteres akzeptieren, daß über Ihre Köpfe hinweg ihre Zukunft entschieden wird. Darüber hinaus zeigten sie sich flexibel. Neben dem Drängen auf Gespräche wurden auch Vorschläge zur Integration gemacht, um die Situation konstruktiv zu gestalten. Im Gegensatz dazu steht das Verhalten der Universitätsverwaltung, die sich weder um Gespräche bemühte noch ernstzunehmende Alternativen vorschlug.
Der Wagenplatz K18 steht auf einer Fläche der GhK an der Ahna in der Nähe der neuen Mensa am Holländischen Platz. Der Platz entstand im Rahmen eines Projektes des Fachbereichs Sozialwesen, das inzwischen von der Hochschulleitung als beendet erklärt wurde. Heute leben dort 15 Menschen in selbstgebauten Zirkus- und Bauwagen. Ihr Anspruch besteht darin, selbstverwaltet zu wohnen sowie alternative Kultur zu schaffen. Veranstaltungen waren u.a. das Sommer Open Air Kino und ein Frühjahrsfest und Aktionen zur documenta X. Die Wohnform ist nicht austauschbar, sondern es geht darum, das Leben in Bauwagen als eine Form des Zusammenlebens zu etablieren. Deshalb ist die Verankerung in der Nordstadt wichtig.
Am 20.10.1997 will die Bauverwaltung der GhK mit dem Bau einer Grünfläche entlang der Ahna beginnen. Anstelle des Wagenplatzes sollen Materiallageflächen für die UniversitätsgärtnerInnnen sowie Lehrflächen für Fachbereich Landschaftsplanung entstehen. Diese stehen allerdings nicht im Widerspruch zu dem Wagenplatz, wie uns der Fachbereich 13 zusicherte. Völlig absurd wird der Vertreibungsversuch, wenn man bedenkt, daß es zur Zeit sowohl keinen Bedarf als auch keine Betreuungskapazitäten für diese Fläche gibt.
Am 6.10.1997 verkündete die GhK in einer Pressekonferenz ihre Entscheidung, den Wagenplatz K18 notfalls räumen zu lassen. Was mit dem Projekt geschieht, interessiert sie nicht. Die Universität stellt sich nicht Ihrer Veranwortung! SprecherInnen des Vereins „Freies Wagenleben" schlugen indes vor, sich mit VertreterInnen der Stadt und der Universität an einen runden Tisch zu setzen, um konkrete alternativ Flächen zu verhandeln. Auch dies lehnte die GhK ab. Was wird geschehen? Die Tatsache, daß Hans Brinckmann (Präsident der GhK), Dietmar Schröder und Klaus Sausmikat (Leiter und Planer der Bauverwaltung) den Wagenplatz ignorieren, löst ihn noch lange nicht in Luft auf. Da hilft kein Wegreden und Verschweigen. Dieses Verhalten eskaliert allenfalls eine heikle Situation.
Klar ist, daß es Gespräche zwischen den Beteiligten geben muß, um eine Lösung zu finden, mit der alle leben können. Das Ergebnis darf nicht das Ende eines weiteren selbstverwalteten Projektes in Kassel sein. Der Messinghof wurde geräumt und das dort ansässige Projekt damit zerstört. Jetzt steht er leer und verfällt. Der Wagenplatz K18 soll geräumt werden, ohne daß dem Projekt eine geeignete Alternative angeboten und damit dessen Fortbestand gesichert wird.
Die BewohnerInnen fordern einen Aufschub des Ultimatums und weisen auf einen schon 1980 gefällten Konventsbeschluß hin:
„Der Konvent wünscht der Hochschule einen Präsidenten, der - wann immer es möglich ist - das Gespräch wählt und auf Drohungen mit Polizei und Staatsanwalt verzichtet".